Die kerynitische Hirschkuh


Bei Gustav Schwab ist die Jagd auf die kerynitische Hirschkuh folgendermaßen beschrieben:
Der dritte Auftrag des Eurystheus war, die Hirschkuh Kerynitis lebendig zu fangen; diese war ein herrliches Tier, hatte goldene Geweihe und eherne Füße und weidete auf einem Hügel Arkadiens. Sie war eine der fünf Hindinnen gewesen, an welchen die Göttin Artemis ihre erste Jagdprobe abgelegt hatte. Diese allein von den fünfen hatte sie wieder in die Wälder laufen lassen, weil es vom Schicksal beschlossen war, daß Herakles sich einmal daran müde jagen sollte.
Ein ganzes Jahr verfolgte er sie, kam auf dieser Jagd zu den Hyperboreern und an die Quellen des Isterflusses und holte die Hindin endlich am Flusse Ladon, unweit der Stadt Önoe, am Artemisischen Vorgebirge ein. Doch wußte er des Tieres nicht auf andere Weise Meister zu werden, als daß er es durch einen Pfeilschuß lähmte und dann auf seinen Schultern nach Arkadien trug. Hier begegnete ihm die Göttin Artemis mit Apollon, schalt ihn, daß er das Tier, das ihr geheiligt war, habe töten wollen, und machte Miene, ihm die Beute zu entreißen. "Nicht Mutwille hat mich bewogen, große Göttin", sprach Herakles zu seiner Rechtfertigung, "die Notwendigkeit hat mich gezwungen, es zu tun; wie könnte ich sonst vor Eurystheus bestehen?" So besänftigte er den Zorn der Göttin und brachte das Tier lebendig nach Mykene.
SCHWAB, G. (1965): S. 121-122.



Quelle:
SCHWAB, G.
: Sagen des klassischen Altertums. München, Zürich: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., 1965; S. 121-122.